Chò no Hikò - EBook
- ashleysgallery
- 18. Sept. 2018
- 42 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Nov. 2018
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Für interessierte Leser stelle ich unten eine kostenlose Leseprobe bereit.
Ich wünsche Ihnen angenehme, kurzweilige Unterhaltung.
“Be original, show off your style, and tell your story.”
Leseprobe (ohne besonder Formatierung)
Kapitel 1 , Seite 13
Feuersturm –
inige Tage waren, seit der Unterredung mit Fürst Takahashi, bereits ins Land gegangen und Tadeyohu Onumas Männer hatten bereits mehrere Samurai mit Ihren Truppen mobilisiert. Viele kleinere Trupps befanden sich auf dem Weg an die östliche Grenze. Die Samurai würden sich in den nächsten Tagen entlang der Grenze positionieren, um Ohuchi in den Weg zu treten. Onuma hoffte, dass die Stärke seiner Truppen ausreichen würde um dem was sie von Ohuchis Seite aus wohl erwartete zu trotzen. Seit er sich auf den Weg gemacht hatte trug er die Hoffnung, dass Ohuchi in dieser kurzen Zeit nicht so schnell sein Söldnerheer vermehren konnte und sie dadurch etwas Zeit gewannen. Morgen in aller Frühe würde er mit seinem kleinen Tross die Hügel vor Hyogo erreichen. Er wollte seinen Männern noch ein paar Stunden der Ruhe gönnen. Für die Nacht ließ er deshalb ein leichtes Nachtlager aufschlagen. So würde er, in den frühen Morgenstunden ohne großen Aufwand, schnell wieder aufbrechen können. Die Männer hatten bereits ein Feuer gemacht und Einigen war es sogar gelungen ein paar Hasen zu erlegen, die nun über dem Feuer am Spieß brutzelten. Langsam breitete sich einen verführerischer Duft über das ganze Lager aus. Die Männer befanden sich in einer optimistischen Stimmung und dementsprechend laut ging es am Feuer zu. “Geht sparsam mit dem Sake um” ermahnte Onuma die Runde “wir müssen morgen früh zeitig aufbrechen und ein klarer Kopf wird uns von Nutzen sein.” Der silberne Mond war fast voll und verbreitete ein unheimliches helles Licht über das Lager. Die Nacht würde bereits empfindlich kalt werden. Fürst Takahashi hat sich sicher schon mit seinen Truppen in Bewegung gesetzt und ihm bald zu Hilfe eilen. Wir Bevor er sich niederlegte sah er zum Himmel auf. „Wir werden erfolgreich sein!” Gleich darauf fiel er in einen traumlosen Schlaf. Noch bevor der Morgen graute, ließ Onuma seine Getreuen wecken. Eiligst wurden die Pferde gesattelt, Futons, Geschirr, Waffen und Vorräte verstaut und nach recht kurzer Zeit brach man in Richtung östliche Grenze auf. Onuma war immer noch guten Mutes, hatte die Mobilmachung weiterer Truppen doch weniger Zeit in Anspruch genommen als ursprünglich geglaubt. Die Chancen Daisuke Ohuchi aufzuhalten standen gut. Nur noch wenige Meilen und man würde den Söldnerbanden eine geschlossene Streitmacht präsentieren. Jetzt trennte weniger als eine Stunde Marsch Onuma und seine Truppen von dem kleinen Tross, welchen sie als Wache zurückgelassen hatten. “Wir müssen nur noch die kleine Ebene hinter den Hügeln überwinden und es ist fast geschafft. - Fürst Takahashi ist sicher auch schon in unmittelbarer Nähe!” “Onuma, seht dort! – Hinter den Hügeln steigt Rauch auf” Die Stimme einer seiner Männer riss ihn aus seinen Gedanken. “Seht nur, es kommt aus der Richtung des alten Lagers” Jetzt konnte man auch deutlich den kalten Brandgeruch wahrnehmen, welcher unangenehm in der Luft lag. Der kleine Trupp stürmte förmlich über die Hügelkette. Schließlich kamen sie auf der letzten Anhöhe zum Stehen. Was sich den Männern hier bot war ein Bild des Entsetzens. Dunkle Schwaden stiegen aus den niedergebrannten Resten ihres einstigen Lagers auf. Die zurückgelassenen Männer lagen entweder tot oder sterbend in den Trümmern. Von Ohuchi und seinen Söldnerbanden fehlte jede Spur! Onuma wies seine Truppen an in Habachtstellung auf dem Hügel zu verweilen und ritt selbst mit zwei seiner Männer hinunter zum Lager. Das Bild der Zerstörung, das sich ihnen bot, verstärkte sich noch aus der Nähe. Überall schwelende Körper und halbverbrannte Leichen. Onuma wandte sich ab noch nie hatte er dergleichen gesehen. Wohl hatte er schon viele Kameraden an seiner Seite sterben sehen aber immer wurden sie in ehrenvollem Zweikampf getötet, diese Zerstörung war jedoch das Spiegelbild blanken Hasses. Das hier ein heimtückischer Überfall stattgefunden hatte war auch ohne nähere Betrachtung klar. Da das Feuer nur noch schwelte, schloss er, dass der Überfall schon in der Nacht zuvor stattgefunden haben musste. Wie weit würden Ohuchi und seine Söldner inzwischen gekommen sein? War es Fürst Takahashi gelungen seine Familie in Sicherheit bringen zu lassen? Und war er mit seinem Herr bereits auf dem Weg hierher? Onuma beschloss eine Handvoll seiner Männer zurückzulassen um für die Opfer dieses Massakers einige Gräber ausheben zu lassen. Er selbst ritt mit den anderen zurück in Richtung Heiankyo in der Hoffnung Fürst Takahashi auf halbem Wege zu begegnen.
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“Feuer!” “Rettet euch!” Akiko schreckte jäh aus dem Schlaf. Hatte sie schlecht geträumt? Nein, Brandgeruch lag in der Luft und es prasselte laut. Von überall her hallten wilde Schreie an ihr Ohr und ein unheimlicher Widerschein drang durch die Papierwände. Sie sah hinüber zu Takeos Futon - er war leer! “Takeo!” Voller Angst stürmte Akiko, nur mit ihrem wattierten Schlafkimono bekleidet und leichte Sandalen an den Füßen, ins Freie. “Mama, Papa, Takeo - wo seid ihr! – Antwortet doch !” Sie stürmte in Windeseile die äußere Galerie entlang. Hinter ihr donnerten mit einem mal zwei brennende Dachbalken zu Boden. Akiko schrie auf, denn eine Wolke heißen Feueratems schlug ihr direkt ins Gesicht. Auch der Gang zur vorderen Halle war versperrt und brannte lichterloh. Sie rannte die kleine Seitentreppe herunter die zum hinteren Garten führte.”Mama! Papa! Takeo!” “Akiko hierher!” Eine Hand packte sie plötzlich und zog sie beherzt in das kleine Badehaus hinter dem Hauptgebäude. “Oh Miko, den Göttern sei Dank! – Was ist hier los!- Wo sind meine Eltern! – Und mein Bruder ist auch weg!- Und Alles brennt!” “Ja, ich weiß! Ich glaube man hat uns überfallen.” Erneut überfiel Akiko eine wilde Panik. Deutlich hatte sie noch die Worte ihres Vaters von gestern Abend im Ohr. “... ihr seid hier nicht mehr sicher!” - Miko hatte noch bis spät in den Abend das Badehaus aufgeräumt und die Holzdielen geschrubbt, als sie auf einen Feuerschein am Haupttor aufmerksam wurde. ” Wer kommt denn mitten in der Nacht noch zu einer Audienz?” hatte sie noch bei sich gedacht um gleich darauf stiller Zeuge der Ermordung des Wachmanns zu werden. Gleich darauf drang eine Vielzahl bis an die Zähne bewaffneter und vollkommen in schwarz gekleideter Männer durch die beiden seitlichen Nebentore in das Anwesen ein. Einige der Dienerschaft versuchte tapfer sich den Eindringlingen in den Weg zu stellen aber keiner hatte ohne Waffen wirklich eine Chance. Jeder der sich ihnen in den Weg stellte wurde einfach niedergemäht! Mit einer bemerkenswerten Schnelligkeit drangen sie immer weiter vor und erreichten schließlich die große Halle und den hinteren Garten. Ihnen folgte nicht ganz so lautlos ein riesiger Haufen bewaffneter Söldner. Das Terrain welches sie erobert hatten wurde sofort in Brand gesteckt. Viel zu spät konnte ein Alarm gegeben werden um die Truppen Fürst Takahashis rechtzeitig in Stellung zu bringen. So fiel Mann um Mann dem Gemetzel zum Opfer. Nachdem sie den hinteren Garten hinter sich gelassen hatten flogen bereits die ersten Brandpfeile auf des Hauptwohnhaus. Schreiend liefen die Menschen heraus nur das Nötigste am Leib. Einige versuchten noch kleinere Brandherde mit dem Wasser des großen Sees zu löschen, was so gut wie keinen Erfolg brachte. War ein kleines Feuer gelöscht brach daneben sofort ein Neues aus. Es war nahezu aussichtslos! Gierig fraßen die Flammen Holzbalken um Holzbalken und griffen schließlich auch auf die Nebengebäude über. Die Söldner brauchten sich nicht einmal die Mühe zu machen in die Häuser zu laufen, nein sie lauerten nur auf die hilflosen Einwohner um sie dann einfach abzuschießen wie Hasen. Ausgestattet mit den neuartigen Schusswaffen die holländische und portugiesische Händler mit ins Land gebracht hatten, metzelten sie Alles nieder was sich bewegte Frauen, Kinder, Alte – es war ein entsetzlicher Anblick! Miko hatte sich augenblicklich hinter ein Holzfass im Badehaus geduckt und beobachtete diese schreckliche Szene bis sie Akiko entdeckte. Laut schreiend lief die Kleine quer über den Hof. “Um Himmelswillen Akiko geh in Deckung, mach die Banditen doch nicht auf dich aufmerksam!” Trotz ihrer Angst bewies die 17 jährige einiges an Mut. Beherzt verließ sie ihr sicheres Versteck und huschte flink an der Wand des Badehauses entlang bis zur Hausecke. Dort wartete sie bis Akiko sich näherte. Kurz bevor Akiko den geschützten Bereich des Badehauses verlassen wollte bekam Miko gerade noch deren Arm zu fassen und zog sie in die Deckung zurück. Mit weit aufgerissenen Augen starrte die kleine Prinzessin das junge Dienstmädchen an. “Sind das Einbrecher? - Was machen wir jetzt?” Miko schüttelte ratlos den Kopf. “Ich weiß es nicht!” So schnell wollte Akiko aber nicht aufgeben. “Vielleicht können wir die Stallungen erreichen, mein Vater ist bestimmt dort. – Er wollte die Tragsänften für unsere Abreise vorbereiten lassen wir morgen früh nach Edo reisen sollen! - Vielleicht haben die Einbrecher sie noch nicht erreicht und ganz bestimmt sind dort auch meine Mutter und Takeo und Akano!“ “Akiko, ich glaube nicht, dass dies dort Einbrecher sind. Ich glaube es sind die Söldner von diesem zwielichtigen Fürst Ohuchi .- Vorhin habe ich ein Banner mit seinem Wappen gesehen.” Akiko wurde blass “Miko, wenn du Recht hast wird es uns schlecht ergehen! Mein Vater wollte uns seinetwegen nach Edo schicken! Wir wollen schnell versuchen zu den Ställen hinüber zu laufen. Komm beeilen wir uns!” Vorsichtig schauten sich die beiden Mädchen nach allen Seiten um. Als Akiko den Weg für frei hielt rannte sie los, Miko folgte ihr sofort. Der innere Hof bot ein Bild des Grauens. Die Gebäude brannten lichterloh überall lagen blutüberströmte Leichen übereinander, die Luft war schwarz von Rauch und Pulverdampf und Akiko fiel das Atmen schwer. Nach etwa der Hälfte des Weges duckten sie sich hinter einem großen Strauch den die Flammen bisher verschont hatten um ein wenig zu verschnaufen. Akiko wollte gerade Miko die nächste Fluchtstrecke zeigen als diese ihr plötzlich die Hand auf den Mund presste. “Psst! Leise, da kommt jemand!” Akiko nickte kurz und rang rasch nach Atem um nicht laut los zu husten. Genau vor ihrem Strauch postierten sich zwei der Eindringlinge. “Es ist wie ihr gesagt habt Ohuchi” ließ sich der Eine vernehmen “sie sind vollkommen ahnungslos und laufen wie die Hasen! – Meine Männer machen reichlich Beute, aber wo sind die Weiber? Sagtest du nicht wir könnten einen wilden Galopp mit zwei echten Prinzessinnen reiten?” “Geduld Saichò, sobald ich mit ihnen fertig bin, stehen sie dir und all deinen Männern zur freien Verfügung.” „Wenn ihr mit den Weibern fertig seid wird für uns nicht mehr viel lebendes Fleisch übrig sein. – Euer Ruf die Weiber betreffend ist ja landläufig bekannt!” Auf Daisuke Ohuchis Gesicht breitete sich ein breites Grinsen aus „Ja,ich werde sie reiten bis sie nur noch totes Fleisch sind.“ „Genau das ist es ja, was ich meine!“ Daisuke lenkte ein “also gut, wer sie zuerst findet kann mit ihnen machen was er will!” “Abgemacht!” “Die Jagd ist eröffnet!” Endlich gingen die beiden Kerle, jeder in eine andere Richtung davon. Entsetzt und wie betäubt über das eben gehörte sahen Miko und Akiko sich an. Miko fand ihre Sprache als Erste wieder. “Du und deine Mutter musst so schnell wie möglich von hier fort! – Wir werden am besten durch das hintere Tor in Richtung Küste laufen und uns dort in einer der Höhlen verbergen bis die Gefahr vorüber ist.” Akiko nickte. Beide sahen sich kurz um und rannten wieder los. Akiko lief so schnell wie sie noch nie gelaufen war, Miko immer hinter sich wissend. Durch die den Rauch fingen ihre Augen an fürchterlich zu brennen und fast hatten sie die Stallungen erreicht als Akiko über einen leblosen Körper strauchelte. Sie ging augenblicklich zu Boden. “ Au, mein Fuß – was war denn das?” Sie rappelte sich wieder auf und blickte direkt in die weit aufgerissenen Augen der alten Akano. “Akano, nein! – Du kannst dich hier nicht ausruhen! - Steh auf!- Wir müssen schnell zu den Stallungen hinüber laufen!” “Akiko, sie ist tot“ sagte Miko leise. Sie hatte sich neben ihr auf die Knie niedergelassen und zog Akiko sanft am Arm. “Schnell, wir müssen weiter bevo....” Sie kippte plötzlich mitten im Satz still nach vorn über. Entsetzt starrte Akiko auf den dunkelroten Fleck der sich rasend schnell über Mikos Rücken ausbreitete. Mit einem Aufschrei sprang sie jäh auf die Füße, Tränen schossen aus ihren von Rauch brennenden Augen und hinterließen helle Rinnsale auf den rußgeschwärzten Wangen. Wie soll es den jetzt weitergehen? Sollte sie versuchen alleine die Stallungen zu erreichen? Durch den Schleier aus Rauch und Tränen sah sie auf einmal kurz vor dem hinteren Tor eine Frau im hellen Kimono die neben einem grauen Haufen kniete. “ Mama!” schrie sie laut auf und rannte ohne sich noch einmal umzusehen los. - Fürst Akira hatte gerade noch einmal selbst die Wagen mit den Vorräten für die Reise kontrolliert. Alles war in ausreichender Menge vorhanden. Seine Liebsten würden ohne größere Entbehrungen die neue Hauptstadt erreichen. Er hatte auch am frühen Abend bereits einen Kurier an den Shogun ausgesendet und seine Bitte um Schutz für seine Familie kundgetan. Da sein Clan tapfer für die Einigung des Landes gekämpft hatte war er sich sicher, dass der Shogun seine Familie unter seinen besonderen Schutz stellen würde. Gerade wollte er sich auch selbst zur Ruhe begeben als er auf ein großes Getöse und Schreie aus dem hinteren Innenhof aufmerksam wurde. “Was ist denn da los?” Er vermutete den Ausbruch eines Feuers als er den hellen Schein aus dem Innenhof sah und die aufgeregten Stimmen an sein Ohr drangen. Nie wäre Akira auf den Gedanken gekommen, dass Ohuchi es wagen würde ihn hinterrücks in seiner eigenen Burg zu überfallen. Dieser Trugschluss wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Der von Ohuchi gewählte Zeitpunkt des Überfalls hätte nicht besser sein können. Die Truppen hatten ihre Ausrüstung für den Weg an die Grenze verstaut und sich frühzeitig zur Ruhe begeben. Nur eine kleine Torwache wurde abkommandiert um das Anwesen zu schützen. Noch wähnte man sich hier vor einem Angriff sicher! Ein großer Fehler, wie sich nun herausstellte ! Akira hatte Ohuchi einen Angriff aus dem Hinterhalt und noch dazu in seiner eigenen Burg doch nicht zugetraut. Auf das Aufeinandertreffen auf dem Schlachtfeld war er gefasst aber auf einen heimtückischen Überfall nicht! Da er die Zeichen noch immer falsch deutete, bemächtigte er sich auch jetzt nicht seiner Rüstung und Schwertes sondern lief ungeschützt in Richtung des Haupthauses. Für ihn war es wichtiger die Löscharbeiten unterstützen und Menschenleben außer Gefahr zu bringen. Er war schon immer ein Held gewesen, tapfer ohne viel nachzufragen setzt er sich für seine Schutzbefohlenen ein ohne dabei an sich selbst zu denken. Daisuke Ohuchi das ganze Gegenteil. Zwar auch er eine stattliche Erscheinung und vielfach kampferprobt, aber er ging viel lieber den anderen Weg. Intrigen spinnen, Männer gegeneinander ausspielen, anderen heimtückisch in den Rücken fallen, das war sein Motto. Er kannte es auch nicht anders – seine Vorfahren hatten von jeher diese Attribute gebraucht um ihre Ziele zu erreichen. Daisuke nahm sich in der Vergangenheit was er wollte durch Verrat und Mord, wieso sollte er sich dann dieses Mal Akira Takahashi in einem offenem und fairen Kampf stellen? Zumal der Shogun keine Streitigkeiten unter den Daimyo duldete und seine Familie eh einen schweren Stand hatte. Sein Vater hatte ja fast das gesamte Territorium seiner Domäne an den vorherigen Shogun verloren. “Schwächling!” dachte auch Daisuke im gleichen Moment verächtlich. Seine Vorfahren hatten sich fast um seinen gesamten Besitz bringen lassen und er selbst stand geradezu mit leeren Händen da. Seit Jahren hoffte er schon, den Shogun mit einer vorzeigbaren Familie gnädig zu stimmen. Vielleicht überträgt er ihm ja auch wieder eine Domäne? Herrenloses Land käme doch da sehr gelegen. Und sich als falscher Retter aufzuspielen hielt er für überaus geeignet diesem Ziel einen beachtlichen Schritt näherzukommen. Wenn erst alle Zeugen beseitigt wären, könnte er dem Shogun seine heldenhafte Geschichte auftischen. Wenn er es so darstellte als hätte er den Takahashis zu Hilfe eilen wollen aber leider hat er nur noch die Banditen vertreiben können...? Er würde dem Shogun gegenüber untröstlich über den feigen Mord an der Fürstenfamilie sein. Ja, das war sie - seine Rache und er würde sie bekommen und sie würde ihn erst zufrieden- stellen wenn er den gesamten Takahashi Clan auslöscht hat mitsamt seinen Bälgern! Brennender Hass stieg wieder in ihm auf. Niemand würde das Massaker überleben, das hatte er sich geschworen. Und nun war er da sein Tag der Rache! Nachdem die marodierenden Söldner die Burg erobert hatten war er unbemerkt auf einen der hinteren Wachtürme gestiegen. Von dort hatte er den Überblick auf das Gemetzel ohne dabei selbst gesehen oder gar getroffen zu werden. Nein, ein Held war er nicht aber das war in seinen Augen auch nicht notwendig. Etwa eine Stunde nach Beginn des Überfalls erblickte er plötzlich Akira, der in den Innenhof stürmte. “Du kommst gerade rechtzeitig um deinen Untergang mit eigenen Augen mitanzusehen!” Kalte Häme begleitete Ohuchis flinke Bewegungen. Er angelte unglaublich behände einen der Pfeile aus seinem Rückenköcher ohne Akira auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen und spannte die Sehne bis zum Anschlag. Ruhig visierte er sein Ziel an. Es war schließlich nicht der erste Mord, den er aus dem Hinterhalt beging. Dann ließ er den Pfeil los! - Als Akira in den hinteren Innenhof stürmte, hoffte er, dass sich seine Familie sich bereits in Sicherheit bringen konnte. ”Ich muss sie dazu bringen sofort aufzubrechen!” dachte er gerade noch als ein heftiger Schmerz durch seine Brust fuhr. Er sank vornüber auf die Knie. Mit einem Mal fiel ihm das Atmen unsäglich schwer. Ungläubig starrte er auf den Pfeil der aus der Mitte seiner Brust ragte “ Shiho“ dachte er gerade noch als die Konturen seiner Umgebung in einander flossen und bunte Lichter vor seinen Augen zu tanzen begannen. “Shiho!” dann wurde es schwarz. Leblos sackte sein Körper nach hinten. Fürst Akira, Oberhaupt des mächtigen Takahashi Clans war tot. Flucht –
“Shiho!” unsanft versuchte Akano ihre Herrin aufzuwecken. “Meine Güte, wie könnt ihr schlafen bei diesem Getöse!” “Akano, was ist passiert?” Langsam und schlaftrunken setzte sich Shiho auf. “Es brennt! Wir müssen Takeo finden, er muss wohl vor Angst um sein kleines Fohlen zu den Stallungen gelaufen sein!” Schnell warf sich Shiho ihren weißen Morgenkimono über den wattierten Schlafkimono und schlang schnell ein Band um ihr vom Schlafen zerzaustes Haar. “Warte, wo ist das Feuer überhaupt?” Shiho hatte noch gar nicht richtig realisiert das ein Feuer sich rasend schnell sich überall ausbreiten würde. Der gesamte Hashidate Palast war eine Holzkonstruktion und somit willkommenes Futter für jede Art von Brand wenn er nicht schnell genug gelöscht würde. “Der Richtung nach zu urteilen aus welcher der Lärm kommt ist das Feuer ist wohl in der großen Audienzhalle ausgebrochen” rief ihr Akano zu. Beide machten sich deshalb sogleich in diese Richtung auf und der gewaltige Lärm wurde lauter mit jedem Schritt. Sie hatten fast die Hälfte des Gartens durchquert als sie aus dem hintern Ausgang der Halle eine Horde bewaffneter Männer mit brennenden Fackeln kommen sahen. Schon flogen diese zusammen mit unzähligen Brandpfeilen in die Nebengebäude und das Bootshaus. Bäume und die Sträucher an der Uferpromenade des Sees standen bereits in Flammen. “Zurück Shiho, das ist kein normales Feuer das ist ein Überfall!” Die resolute Akano dreht Shiho kurzerhand um und trieb sie regelrecht vor sich her in Richtung der Stallungen im Norden des Anwesens. “Wir werden die Kinder holen und dann durch das Nord Tor in den Wald fliehen um dort bis zum Morgengrauen Schutz zu suchen!” Akanos Befürchtungen waren durchaus berechtigt. Schon oft hatte sie von marodierenden Söldnertruppen gehört, allesamt herrenlose Samurai die nur auf Beutemachen aus waren. Frauen waren vor derart Gesindels keinesfalls sicher und man würde wer weiß was mit ihnen anstellen. „Akano, wo können die Kinder nur sein?” Derartig schnelle und wichtige Entscheidungen zu treffen war nicht gerade Shihos Stärke. Sie war es von Kindheit an gewohnt, dass man ihr das meiste abnahm, demzufolge war sie nun regelrecht hilflos. Akano behielt zu Glück die Übersicht. Sie war es gewohnt für Shiho die Entscheidungen mitzutreffen. Und wie immer war sie Herr der Lage. “Takeo ist mit Sicherheit in den Ställen bei seinem Fohlen und Akiko wird......” Mit großen Augen sah Akano Shiho an bevor sie dann lautlos in sich zusammensackte. Ein Schuss hatte sie direkt in den Rücken getroffen. Shiho war vor Entsetzen wie gelähmt. Sie stand wie zur Salzsäule erstarrt inmitten eines grausamen Schlachtgetümmels. Die Eindringlinge waren bereits bis zum Haupthaus gekommen und auch dieses brannte nun lichterloh. „Was soll ich nur tun?” Regungslos stand Shiho da und schaute in die Runde. Das ganze Schlachtgetümmel lief vor ihr wie in Zeitlupe ab. Sie sah ihre treuen Diener einer nach dem anderen fallen, beißender Qualm wallte in dicken schwarzen Schwaden und riesige Flammen erhellten gespenstisch den Nachthimmel. Als Ihr Blick einen der Wachtürme am nördlichen Tor steifte bemerkte sie einen der Männer wie er einen Bogen spannte und ein Ziel suchte. Ihr Blick glitt langsam in die Richtung der Pfeilspitze. Schlagartig kehrte das Leben in sie zurück. “Akira – Vorsicht!” Sie rannte ohne auf die Geschosse zu achten die von allen Seiten zu kommen schienen auf ihren Mann zu. Im gleichen Moment traf Akira der Pfeil und riss ihn zu Boden. Als Shiho ihren Mann endlich erreichte war er bereits tot. Weinend fiel Shio neben ihm auf die Knie. “Akira, bleib bei mir! Was bin ich denn ohne dich!” “Mama!” Akiko erreichte ihre Mutter nur Sekunden später und kniete sich neben sie. ”Mama, wir müssen schnell hier weg!“ Shiho war kaum fähig auf ihre Tochter zu reagieren. „Miko und ich haben einen Ohuchi und einen Saicho belauscht. – Sie wollen auf uns reiten bis wir totes Fleisch sind! – Was soll denn das bedeuten?” Akiko zerrte am Ärmel ihrer Mutter bis diese schließlich aus ihrer Lethargie zu erwachen schien. Sie wusste nur zu gut was das für sie und ihre erst achtjährige Tochter zu bedeuten hatte. Bevor man sie beide tötete, würden sie fürchterliche Qualen erleiden müssen. Wahrscheinlich wäre es sowieso nicht mehr nötig, dass man sie danach noch tötete - sie wären es bereits. Shihos Gestalt straffte sich und plötzlich ging eine nie gekannte Entschlossenheit von ihr aus. “Das werde ich nicht zulassen!” “Was, Mama?” Shiho ging nicht weiter auf die Frage ihrer kleinen Tochter ein. Wie hätte sie ihr auch erklären können, was das für sie beide bedeutete. “Akiko, Wo ist Miko?” “Miko ist tot und Akano auch!” piepste Akiko. “Ich weiß!” Shiho dachte mit Wehmut an ihre treueste Vertraute. “Wo ist Papa?” Shiho holte noch einmal tief Luft bevor sie antworten konnte. Die schrecklichen Worte kamen kaum über ihre Lippen. “Papa ist auch tot!” Jetzt realisiere Akiko erst dass sie die ganze Zeit neben ihrem toten Vater gekniet hatte. Wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen. “Papa!” schluchzte sie leise. Shiho riss sie unsanft aus ihrer Trauer. “Wir müssen nach Takeo suchen. – Akano hat ihn zu den Stallungen laufen sehen. – Beeilen wir uns!” Das Kampfgetümmel war nun fast verstummt, um sie herum sah man weit und breit nur noch Leichen und schwelende Trümmer. Die Eindringlinge hatten geplündert was nicht niet- und nagelfest war und der gesamte Palast bestand jetzt nur noch aus rauchschwarzen Balken die anklagend in den bereits aufziehenden Morgen ragten. Shiho lief mit ihrer Tochter an der Hand in Richtung der Stallungen. Schon aus einiger Entfernung konnte man sehen, dass auch diese nur noch aus rauchenden Trümmern bestand. “Mein armer Takeo, nun auch noch er! – Jetzt sind wir ganz allein!” Shiho wollte sich gerade wieder von ihrer Trauer übermannen lassen. Ihr Blick ging noch einmal in Richtung Stallungen. Die Gefahr war also noch nicht vorbei! Der Schatten eines Mannes löste sich plötzlich aus den schwelenden Trümmern. Ob es dieser mordlustige Ohuchi war oder dieser notgeile Saicho wollte sie gar nicht erst näher wissen. Sie machte auf der Stelle kehrt und nahm ihre Tochter bei der Hand. “Akiko, wir werden jetzt so schnell wir können durch das hintere Tor laufen, den Pfad durch den Wald nehmen und dann über die drei kleinen Hügel bis zur Küste! Wir werden nicht anhalten auch wenn uns die Füße schwer werden. Ich bin nicht sicher wer alles weiß dass wir noch am Leben sind! – Und wenn es einer von diesen Kerlen herausfindet sind wir verloren! Lauf, Akiko, lauf!” Entscheidungen –
Der Morgen dämmerte bereits als Shiho mit Akiko die Steilküste des offenen Meeres erreichte. Über Stock und Stein waren sie gehastet immer in Sorge, dass man sie doch noch einholen könnte. Sie wussten nicht ob man sie schon verfolgte oder immer noch in der Burg vermutete. Die leichten Kimonos der Beiden hatte der Morgennebel und die damit verbundene Feuchtigkeit völlig durchnässt. Zweige der niedrigen Kiefern hatten sich in den Ärmeln verfangen und tiefe Risse in der kostbaren Seide hinterlassen. Mehrfach waren sie auf dem feuchten Waldboden ausgeglitten oder über Äste gestolpert, welche die erste Herbstwinde auf die ausgetretenen Pfade geweht hatte. Endlich waren sie ohne weitere Blessuren an der Steilküste angelangt. Nun standen sie einsam Hand in Hand auf dem Kamm der Steilküste. Akiko ließ ihren Blick über das weite Meer streifen. Seit sie das letzte Mal mit ihrem Vater hier gewesen ist hatte sich der Charakter dieser Landschaft sehr stark verändert. Schien damals doch wunderbar wärmend die Sonne und ein lauer Wind kräuselte sanft die Wasseroberfläche. “Wie ein riesiger glitzernder Spiegel !” hatte sie damals noch gedacht. Unendlich sanft war ihr der Ozean vorgekommen. Die kleinen Schaumkrönchen die sanft am Ufer ausliefen strahlten Ruhe und Beständigkeit aus. “Wie schön doch die Ewigkeit ist, Vater!” Würdevoll schaute der große Daimyo Akira Takahashi an der Seite seiner Tochter über die Weite des Meeres. “Ja, mein Liebling!” Der Gedanke an ihren Vater trieb ihr erneut Tränen in die Augen und so erschien der Ozean noch etwas grauer als er es ohnehin jetzt war. Die schöne tiefblaue Farbe war einem dunklen, schmutzigen grau-grün gewichen. Ein scharfer Wind türmte hohe Wellen vor der Küste auf um sie gleich darauf donnernd gegen den Fels der Steilküste zu schlagen. Von seiner Sanftmut war nichts mehr zu spüren im Gegenteil, das Meer hatte sich in ein riesiges, bedrohliches Ungeheuer verwandelt! Die Kühle des Morgens kündigte bereits den nahenden Herbst an. Akiko fröstelte. Stumm schob sie ihre kleine Hand wieder in die ihrer Mutter. So standen die beiden stumm nebeneinander und blickten auf den tosenden Ozean. “Akira, mein Liebster, wo bist du jetzt?” Shihos Gedanken bewegten sich nur langsam und dumpf in ihrem Kopf. “Wieso hast du mich hier allein zurückgelassen? Was soll ich tun? – Was kann ich tun? – Und wofür?” Shiho wurde die Ausweglosigkeit ihrer Lage wie ein schwerer Hieb bewusst. Sie waren zwar den marodieren Horden entkommen aber wie soll es nun weiter gehen? Sie hatte Alles verloren. Ihr Zuhause war nur noch ein Haufen rauchender Trümmer, Akira, Takeo, Akano, Miko und alle anderen waren tot. Die gesamte Dienerschaft und Akiras Getreuen – niedergemetzelt! Was blieb noch? “Nichts!” Dieses einzelne hörbar ausgesprochene Wort Shihos riss Akiko aus ihrer Starre. “Mama, wir müssen nach Edo. Dort ist der Shogun! – Wir stehen unter seinem Schutz! – Das hat Papa gesagt! - Weißt du noch? – Komm wir müssen uns schnell auf den Weg machen! - Komm Mama!” “ Edo! ” dachte Shiho weiterhin stumm. Wo war Edo? Sie war noch nie groß aus der Burg herausgekommen bis auf die Reise von ihrem Elternhaus in der weit entfernten Provinz Owari in ihr neues Zuhause hatte sie das Land noch nie bereist. Jedes zweite Jahr wohnte ihre Familie zwar in ihrer Residenz in Edo aber wie kam man allein dorthin? Die Frauen und Kinder reisten in den verhängten Sänften und nur selten warfen sie einen flüchtigen Blick in die Landschaft. Wozu auch, stets waren Diener und Soldaten damit beschäftigt sie zu umsorgen. Es war immer jemand da der den richtigen Weg wies. Sie war ja eine Prinzessin – man nahm ihr alle Sorgen und Entscheidungen ab! Hart ließen sie diese Gedanken auf den Boden der Gegenwart fallen. “Allein bin ich ein Nichts! – Wie soll ich denn Edo erreichen? – In welche Richtung soll ich gehen und wie soll ich reisen? Keine Sänften! – Keine Vorräte! – Und nicht einmal Geld! – Es ist aussichtslos und es besteht keine Hoffnung in Edo jemals anzukommen! – Akira ich will bei dir sein! – Alles andere hat keinen Sinn!“ Shihos Blick glitt unter ihre Fußspitzen. In der Tiefe schäumte die Gischt immer noch tosend gegen die Felsen. Es war nur ein kleiner Schritt und sie könnte Akira für immer in ihre Arme schließen. Er würde wieder bei ihr sein, sie beschützen und alles Unheil abwenden. Der Gedanke an ihren geliebten Mann zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Ja, es war doch so einfach loszulassen, sich einfach fallen zu lassen. Akira würde an der Schwelle des Paradieses auf sie beide warten mit Takeo auf dem Arm. Dessen war sie sich plötzlich ganz sicher. Lächelnd blickte sie ihre Tochter an. ”Wir gehen nach Edo, Mama!” Hoffnungsvoll blickte Akiko zu ihrer Mutter auf. “Ja, wir gehen!” Fest schloss sie ihre Hand um die Akikos und ließ sich wortlos und immer noch lächelnd nach vorne fallen. “Akira, mein Liebster wir werden gleich bei dir sein!” “Ahhhh!” rasend schnell kam der tobende Ozean auf Akiko zu. Ihre Gedanken bewegten sich jedoch unwirklich langsam. “Wir fallen! Sind wir an der Steilküste abgerutscht? - Was ist jetzt zu tun. – Können wir noch etwas tun?” Ihr fiel plötzlich etwas ein “Ich kann doch schwimmen! – Papa hat es mir letztes Jahr beigebracht!” Akiko hatte damals viel Wasser geschluckt und wollte schon aufgeben, aber ihr Vater hatte darauf bestanden und mit einem Mal schwamm sie! Nicht schnell und auch nicht elegant aber sie ging nicht unter und das stellte ihren Vater mehr als zufrieden. “Kann denn Mama auch schwimmen?” Akiko wusste es nicht aber sie würde nicht aufgeben. ”Wir schaffen das schon, denn wir müssen doch nach Edo!” Hart schlug der Körper ihrer Mutter zuerst auf der Oberfläche des Wassers auf. Shihos Genick brach im selben Moment. Sie war frei! Durch den Aufprall brach die Wasseroberfläche auf und Akiko tauchte in die eisigen Fluten. Wie Nadelstiche bohrte sich der Schmerz in ihren kleinen Körper. Sie verlor augenblicklich die Orientierung. Die Hand ihrer Mutter hatte sich zwar beim Aufprall auf das Wasser gelöst, aber durch die Wucht und den Sog wurde sie ein beträchtliches Stück mit in die Tiefe gerissen. Akiko überfiel plötzlich Panik! Augenblicklich strömte kaltes Wasser in Mund und Nase ihre Lungen begannen zu kochen und ein heftiger Hustenreiz überfiel sie. Das Wasser in ihren Ohren und dämpfte alle Geräusche zu einem dumpfen Brodeln. Verzweifelt begann sie mit den Armen zu fuchteln. „Ich will hier raus! – Nur keine Panik kriegen!” Akiko gelang es die Augen zu öffnen und den Kopf anzuheben. Ihr Glück hatte sie nicht verlassen denn plötzlich bemerkte sie einen trüben Lichtschein über sich. Sie begann wild mit den Beinen nach unten zu treten wie sie es bei ihrem Vater gelernt hatte. Ständig weiter tretend und mit den Armen rudernd erreichte sie schließlich die Oberfläche. Endlich! Röchelnd rang sie nach Atem. “Mama! – Mama wo bist du?” Verzweifelt rief Akiko nach ihrer Mutter. ”Mama antworte mir! – Geht es dir gut? – Hast du dir weh` getan?” Immer noch kräftig mit den Beinen nach unten tretend hielt sie den Kopf knapp über der Wasseroberfläche Ausschau nach ihrer Mutter. Erneut füllten sich ihre Augen mit Tränen. War sie jetzt wirklich ganz allein? “Mam....!” ein riesiger Brecher raste über Akiko hinweg und drückte sie erneut erbarmungslos unter Wasser. Akiko ruderte wieder verzweifelt mit den Armen und trat mit ihren Beinen in die Richtung in der sie den Grund des Meeres vermutete. Es gelang ihr ein paar Mal den Kopf aus dem Wasser zu heben aber unerbittlich rollte Welle über Welle über sie hinweg und zog sie schließlich mit sich ins Meer.
ein Sohn –
“Da, jetzt kannst du dich endlich einmal nützlich machen!” Mit diesen Worten warf Daisuke Ohuchi einen groben Leinensack unsanft vor Tomoko auf den Boden. Sie wollte gerade die Schnur lösen, als der Sack wild zu zappeln begann. Erschrocken wich sie im ersten Moment ein Stück zurück. “Ein Hund zu meiner Gesellschaft? – Ich danke dir von Herzen!” Daisuke schnaubte verächtlich. “Du blödes Stück, ich bringe dir ein Kind mit und du willst einen Hund! – Dir kann man es aber auch nie recht machen.” Er warf seiner Frau einen geringschätzigen Blick zu. Diese konnte es so gar nicht recht erfassen, was ihr Gatte da sagte. “Ein Kind ? – Aber woher..?” Obwohl Tomokos Herz geradezu einen Luftsprung machte, hatte die Erfahrung sie gelehrt sich das lieber nicht anmerken zu lassen. “Es geht dich zwar überhaupt nichts an, aber ich kann ja mal eine Ausnahme machen. Ich habe ihn aus einem brennenden Pferdestall gezogen! Wahrscheinlich einer der Pferdeburschen. -Wasch ihn und kümmere dich, ein eigenes Kind wirst du ja doch nicht mehr bekommen!” Ohne ein weiteres Wort ließ er die aufgewühlte Tomoko einfach stehen. Die bisherige Entwicklung der Dinge stellte ihn aufs Höchste zufrieden. Das dumme Stück würde den Jungen mit ihrer Affenliebe überhäufen und einen vorzeigbaren Sohn aus ihm machen! Wer er eigentlich war? Keine Ahnung ! War ja auch egal! Hauptsache er kann dem Shogun im nächsten Jahr eine heile kleine Familie vorführen und seine Heldengeschichte glaubhaft an den Mann bringen. Das war das Einzige was jetzt für ihn zählte! Diesen blöden Saicho würde er bei passender Gelegenheit unauffällig beseitigen lassen. So etwas stellte mit Sicherheit kein Problem dar! In diesem Augenblick fielen ihm die beiden Takahashi Prinzessinnen wieder ein. Die waren wohl mit verbrannt. Schade eigentlich! Beim Gedanken an den zarten Körper der kleinen Prinzessin überkam ihn plötzlich unbändige Lust. Begehrlich leckte er sich über die Lippen. “Ich werde das neue Bordell mal besuchen was letzte Woche aufgemacht hat! - Die kleinste Tayu nehme ich mir jetzt vor! – Und wehe sie kriegt die Beine nicht ordentlich breit...! – Wenn sie vor Schmerz schreien und sich winden bereitet mir die größte Lust!” Ein dröhnendes Lachen resultierte laut hörbar aus seinen abscheulichen Gedanken! “Dämonisch” dachte Tomoko angewidert. Ohne sie jedoch nur noch eines einzigen Blickes zu würdigen ließ er sie einfach stehen und entfernte sich mit großen, raumgreifenden Schritten. Tomoko schüttelte sich und löste dann rasch die Schnur des Sackes. Ganz behutsam schälte sie das grobe Leinen von dem kleinen Menschlein. Furchtsam blickten sie zwei dunkelbraune, niedliche Kulleraugen aus einem völlig rußgeschwärzten Gesichtchen an. Du meine Güte, ein Knäblein vier, höchstens fünf Jahre alt. “Das soll ein Stallbursche sein?” Tomoko fing an zu zweifeln. “Nie und nimmer – viel zu klein”. Aber die jahrelange Sehnsucht nach einem eigenen Kind wischten all ihre Zweifel an seine Herkunft beiseite. “Es wird schon seine Richtigkeit haben” suchte sie ihr Gewissen schnell zu beruhigen. Leise versuchte sie auf den kleinen Jungen einzureden. “Hab keine Angst mein Kleiner. – Mein Name ist Tomoko – verrätst du mir auch wie du heißt?” fragte sie sanft lächelnd. Schüchtern sah sie der Kleine an und rieb eine große blaue Beule auf seiner Stirn. Das sanft Wesen Tomokos und die liebevolle Zuwendung nach all dem Schrecklichen, dass er in den letzten Stunden erlebt hatte ließen ihn wohl wieder ein wenig Vertrauen fassen. “Weiß nicht!” “Und wir alt bist du?” ”Weiß nicht!” “Und weißt du wo Mama und Papa sind” “Weiß nicht.” Ununterbrochen schüttelte der Kleine mit dem Kopf. “Seltsam” dachte sich Tomoko. Vielleicht sagte ihr Gatte ja doch die Wahrheit. “Weißt du was? – Wir nehmen jetzt erst einmal ein heißes Bad und dann suchen wir dir etwas Sauberes zum Anziehen heraus. Und wenn wir damit fertig sind essen wir beide etwas Feines zusammen! – Was hältst du davon?” Der Kleine strahlte plötzlich über das ganze Gesicht und begann heftig zu nicken. “Fein, na dann komm mal mit mir mit!” Tomoko wollte gerade aufstehen als sie der Kleine heftig am Ärmel festhielt. “Hier!” Freudestrahlend griff er geschickt in eine seiner Ärmeltaschen und streckte er ihr einen wunderschön bestickten Temari Ball entgegen. Auf den ersten Blick erkannte Tomoko die elegante Stickerei als die eines wirklichen Meisters. Auch die Größe war außergewöhnlich. Das ist doch kein Spielzeug für einen Stallburschen! Tomoko überkamen erneut Zweifel. So unbefangen wir möglich wandte sie sich jedoch wieder dem Kind zu. “Oh, der ist aber schön! – Wo hast du denn den her?” “Habe ich aus dem Feuerhaus gerettet! – Schenk ich dir!” Tomoko atmete ein wenig auf. Das mit dem Brand schien wohl zu stimmen. “Oh, vielen Dank, wir werden einen Ehrenplatz für Ihn aussuchen. – Da können wir ihn immer anschauen, ist das in Ordnung? “ Wieder nickte der Kleine und trippelte nun folgsam hinter Tomoko her. Der Wohnsitz des Ohuchi Clans war zwar nicht so groß und prächtig wie die Hashidate Burg, aber durchaus konnte man den Lebensstil hier als sehr luxuriös bezeichnen. Ein großes Haupttor sicherte das recht große Anwesen. Dahinter gelangte man über einige verwinkelte Gässchen und ein weiteres kleineres Tor in einen gut gepflegten Wandelgarten mit einigen zierlich beschnittenen Kiefern größeren Grasflächen und feinen Kieswegen. Es gab zwar keine Teichanlagen aber ein kleiner künstlich angelegter Wasserlauf ließ ein munteres Plätschern vernehmen. Das Hauptwohnhaus befand sich auch hier in der Mitte des Anwesens, wenngleich die Überdachte Galerie hier nur die Vorderseite des Hauses umgab. Das Badehaus lag dagegen etwas nördlich hinter dem Haupthaus und über eine kleine Holztreppe gelangte man ins Innere. Als die beiden das Badehaus betraten schlug ihnen schon ein angenehmer warmer Dampf entgegen. Es duftete nach frischen Zypressen. “So da wollen wir es uns mal richtig gut gehen lassen!” Tomoko schälte den kleinen Jungen aus dem schmutzigen und verrußten Kimono. Und wieder kamen ihr Zweifel. Der Kimono war von feinster Seide, das konnte man trotz des desolaten Zustandes deutlich wahrnehmen und überall waren Familienwappen aufgestickt. das war kein Stallbursche, ohne Zweifel! Tomoko überlegte. Wo hatte sie das Wappen schon einmal gesehen? Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern und beschloss später heimlich Nachforschungen darüber anzustellen. “Sag, ist dir dein Name wieder eingefallen?” Beherzt schüttelte der Kleine wieder den Kopf. “Nein!” Tomoko überlegte kurz. “Was hältst du davon, wenn ich dich solange Tokizu nenne?” Jetzt blickte der Kleine freudestrahlend zu ihr auf und nickte. “Willst du jetzt meine Mama sein?” Tomoko schossen augenblicklich die Tränen in die Augen. “Ja, ich würde sehr gern deine Mama sein wenn du das auch willst.” Der Kleine nickte zufrieden und nachdem sie sich gründlich abgeschrubbt hatten stiegen beide in schließlich in den großen Holzbottich randvoll mit dem heißen nach Zypressen duftenden Wasser. Tomoko beschloss insgeheim das Bündel mit Tokizus halbverbrannten Kleidern in der Truhe mit ihrem Brautkimono zu verstecken. Ganz unten auf dem Boden – da würde sie sicherlich keiner vermuten. Die Götter hatten ihr einen Sohn geschenkt und um keinen Preis der Welt würde sie ihn wieder hergeben. Eine zärtliche Welle Glücks erfasste sie. Nach all den Jahren des Schmerzes und der Demütigung endlich ein Stück Glück und Zufriedenheit. “Mein kleiner Tokizu“ dachte sie liebevoll „es soll dir hier bei mir an nichts fehlen!”
Kapitel 2
Allein -
Es wurde bereits dunkel als Akiko wieder zu sich kam. Nasser Sand klebte an ihrem Körper. Der Geschmack in ihrem Mund fühlte sich salzig und sandig an. Aber es bewegte sich nichts mehr, die Wellen hatten sie offenbar an den Strand gespült. Sie versuchte sich aufzusetzen aber vergeblich. Völlig entkräftet brach sie erneut zusammen und erneut wurde um sie herum alles schwarz. Als Akiko wieder zu sich kam war es schon heller Tag. Sie hatte wohl die ganze Nacht am Strand gelegen. “Wo bin ich eigentlich? – Und wo ist Mama?” Augenblicklich fielen ihr die zurückliegenden Ereignisse wieder ein. Vorsichtig sah sie sich auf dem Strand um. Keine Menschenseele! Im Stillen hatte sie wohl immer noch gehofft auch ihre Mutter wäre an den Strand gespült worden, aber außer braunem Seetang und einigen Stücken Treibholz konnte sie nichts entdecken. Ein solches Stück Holz hatte sie wahrscheinlich zu fassen bekommen und sich so instinktiv über Wasser halten können. Das hatte ihr das Leben gerettet. Ihre Mutter hatte nicht so viel Glück gehabt. Das Shiho dies wohl sowieso nicht gewollt hätte, ahnte Akiko nicht und das war auch besser so. Aber was sollte sie jetzt nur tun? Mutlos setzte sie sich auf den Strand, umschlang mit ihren schmalen Armen ihre Beine und zog die Knie bis unters Kinn. So verharrte sie und starrte stumm auf das Meer. Jetzt war sie wirklich ganz allein! “Ich muss nach Edo!” die Lösung lag plötzlich klar vor ihren Augen. Beherzt sprang sie auf. Wie lange sie am Strand gesessen hatte vermochte Akiko nicht zu sagen, aber es muss wohl eine ganze Weile gewesen sein. Ihre Beine waren regelrecht eingeschlafen. ”Huuu, wie ein Wassergeist!” wild hüpfte sie den Strand auf und ab um dieses unangenehme Gefühl wieder loszuwerden. “Ich muss nach Edo!” dachte sie noch einmal. Aber wo ist Edo? Und vor Allem was ist Edo eigentlich? Ein Palast? Eine Stadt? Da ist der Shogun! Was ist denn ein Shogun?” Akiko wurde plötzlich klar, dass sie so gar nichts über das wusste was sie auf dem Flur gehört hatte. Es hatte jedoch sehr bedrohlich geklungen. Aber in Edo beim Shogun war sie sicher so viel war klar. Sie entschied sich dafür das Edo wohl eine Stadt sein musste – was ein Shogun ist würde sie schon noch herausfinden! Beherzt stand sie auf und wollte sich schon auf den Weg machen als sie bemerkte, dass sie immer noch am Strand stand. Vor ihr breiteten sich die Weiten des Meeres und hinter ihr ragte eine riesige Felswand in den Himmel. Sie beschloss also erst einmal ein Stück am Strand entlang zu laufen. Die Wahl der Richtung ließ sie dabei vollkommen außeracht. Es war eh` egal denn wo sie eigentlich war wusste Akiko beim besten Willen nicht. Sie war bereits ein großes Stück gegangen als die Felswand schließlich einer flacheren Landschaft mit einigen Baumgruppen wich. Die alten vom stürmischen Winden geformten Kiefern machten auf sie einen eher gruseligen Eindruck. “Die sehen ja aus wie Gespenster!” Obwohl es heller Tag war hielt Akiko doch einen geeigneten Abstand. “Man kann ja nie wissen!” Von den windgepeitschten Kiefern hatte ein acht jähriges Mädchen eigentlich gar nichts zu fürchten. Wohl aber von den Menschen die ihr noch begegnen würden. Einige Stunden war sie bereits gelaufen und die Füße begannen unheimlich weh zu tun. Ihre Sandalen hatte sie bereits schon im Meer verloren und so waren ihre kleinen Füße schon arg zerschunden. Der Weg nach Edo war doch weiter als sie sich zu Beginn vorgestellt hatte. Allmählich machte sich auch ein quälendes Hungergefühl breit. Sie würde etwas zu essen suchen müssen. Zuhause war das einfach. Akano rief sie und ihren Bruder zum Essen. Alles wurde ihnen fertig vorgesetzt. Gebratener Fisch, Reis, gekochtes Huhn mit leckeren Soßen, Reiskuchen, Gemüse und gedünsteter Seetang. Wehmütig dachte sie daran wie viele Reste sie immer übrig gelassen hatten. Was alles gäbe sie jetzt nur allein für diese Reste! “Moment! - Seetang?” schoss es Akiko durch den Kopf. Sie stand doch hier in einer Menge Seetang! Schnell hockte sie sich hin um ein schönes frisches Stück aus dem zum überwiegenden Teil braunem Gewirr herauszufischen. Herzhaft versuchte sie einen Strang zu zerkauten. ”Ääks, bah, pfui Spinne - was ist denn das für ein grausliches Zeug!” Akiko spukte in hohen Bogen den Bissen wieder aus. Nicht nur das er hart und gummiartig zu kauen war, nein er schmeckte auch abscheulich, fast nur nach Salz und brackigem Wasser. Sie wischte sich angewidert mehrfach über den Mund. Das konnte unmöglich das Gleiche wie Zuhause sein? Vielleicht nur die falsche Sorte? Aber auch der nächste Versuch brachte keinerlei Verbesserung. Was nun? Weiterlaufen ! Zu dem heftigen Hunger gesellte sich nun auch alsbald quälender Durst. Es dämmerte bereits wieder als sie in der Ferne einige kleine Boote auf dem Strand entdeckte und Menschen, die geschäftig irgendeiner geheimnisvoll anzusehenden Tätigkeit nachgingen. “Wer ist denn das?„ Waren das etwa die Söldner die sie überfallen hatten? Vorsichtig und immer im Schutz des Treibholzes bleibend schlich Akiko sich heran. “Das sind Fischer mit ihren Netzen!” dachte sie erleichtert. Akano hatte ihr Geschichten über Fischer erzählt. Die fuhren morgens mit ihren Booten aufs Meer und kamen abends mit Fischen in ihren Netzen zurück. “Fische!” dachte Akiko und trat aus ihrem Versteck heraus und etwas näher zu den Fischern heran. Eine ganze Weile stand sie so, doch keiner der Fischersleute schien irgendeine Notiz von ihr zu nehmen. Geschäftig verstauten sie ihren Fang in große Körbe. Netze wurden geschwind entwirrt und für die nächste Fahrt am kommenden Morgen wieder in den Booten verstaut. Die Männer verrichteten stumm ihr gewohntes Tagwerk. Nur einige Möwen umkreisten wild schreiend die Körbe mit den Fischen. Einige der Möwen waren recht erfolgreich und Akiko wünschte sich schon selbst so eine Möwe zu sein. Trotz ihres Hungers wagte sie es aber nicht einen der Männer einfach anzusprechen. Nachdem die Fischer ihren Fang in den Körben verstaut hatten befestigten sie diese an langen Schnüren die wiederum an hölzernen Tragestangen festgebunden waren. Geschickt verfrachteten sie die Last auf ihre Schultern und trugen Alles mit kurzen federnden Schritten davon. Die staunende Akiko blieb allein zurück. In der Zwischenzeit war es vollständig dunkel geworden und der Mond warf ein silbriges Licht über den Strand. Etwas Essbares zu finden war heute wohl nicht mehr drin, denn es war schon viel zu dunkel. Völlig entkräftet und todmüde kletterte sie schließlich in eines der Bote um es sich auf den zusammengerollten Netzen unter dem Segeltuch etwas bequem zu machen. Gerade hatte sie sich wie eine kleine Katze zusammengerollt als ihre Füße an etwas Glattes und Rundes stießen. Akiko schob die schweren Netze ein wenig zur Seite stieß auf einen braunen Krug. ”Was ist das denn?” Neugierig bemühte sie sich den Korken aus dem Hals zu bekommen. ”Plopp!” „Ah, endlich!“ Vorsichtig schnupperte Akiko an der Flüssigkeit “Riecht nach gar nichts!” Nach einiger Überlegung nahm sie doch ein kleines Probeschlückchen. ” Wasser! - Durst!” In großen Schlucken trank sie gierig fast den ganzen Krug leer. Wenn Sie jetzt noch etwas zu essen fände, das wäre gut. Akiko stellte das ganze Boot auf den Kopf. Leider ohne Erfolg. Die Fischer mussten den ganzen Tag auf dem Meer doch irgendwas essen? Oder nicht? Plötzlich entdeckte sie eine große braune Holzkiste unter der hinteren Bank. “Das werden die Vorräte sein!” Da war sich Akiko ganz sicher. Mit einiger Anstrengung zerrte sie die schwere Kiste unter der Bank hervor und schlug den Deckel zurück. Enttäuschung machte sich breit! Haken, Messer, Taue und anderer Kram für den sie noch nicht einmal wusste zu was man ihn brauchte. Aber halt, was blinkte da silbern in der äußersten Ecke des Bootes? Akiko musste sich flach auf den Bauch legen, um bis in die hintere Ecke zu gelangen. Vorsichtig schloss sie ihre Hand um das tanzende Etwas und zog es schließlich hervor. Ein Fischlein! Zwar nicht viel größer als ihre Hand aber dafür recht dicklich. Mit seinen großen glasigen Fischäuglein blickte er Akiko irgendwie anklagend an. “Fische kann man essen!” Auf diesen sättigenden Gedanken kam jedoch gleich wieder die Ernüchterung. Der Fisch den sie Zuhause aß sah deutlich anders aus. Zu allem Übel begann er jetzt auch noch wieder zu zappeln. Schließlich bedeutete ihr ein bedrohlich knurrender Magen, dass Mitleid jetzt fehl am Platze war. Mit einem beherzten Biss brachte sie schließlich das Fischlein um seinen Kopf! In hohem Bogen spuckte sie den abgebissenen Kopf auf den Strand. ”Bahh!” Irgendwie ähnelte der kopflose Fisch jetzt schon etwas mehr denjenigen die sie von Zuhause kannte. ”Ich glaub der Schwanz muss auch noch weg!” Noch ein Biss! Akiko pulte ihre Finger in den weichen Bauch und zog zartes, weißes Fleisch heraus. Gierig aß sie das ganze Fischlein bis auf Haut und Gräten auf. Die Innereien waren zwar noch einmal eine etwas weniger appetitliche Erfahrung aber das Fleisch schmeckte sogar in rohem Zustand gut. Zufrieden rollte Akiko sich nun zusammen und war augenblicklich eingeschlafen. Laute Stimmen weckten Sie bereits im Morgengrauen. Die Fischer kamen zurück! Sie sah, dass die ersten Boote bereits wieder ins Wasser geschoben wurden und bald würden sie auch an “Ihrem” Boot sein. Wie der Wind setzte sie mit einen kräftigen Sprung über die Reling und rannte ohne sich noch einmal umzudrehen in das Waldstückchen hinter dem kleinen Strand. Diese Eile wäre gar nicht nötig gewesen, denn wie bereits am Vorabend nahmen die Fischer überhaupt keine Notiz von ihr. Wie gewohnt schoben sie ihre Boote ins Meer, setzten ihr Segel und fuhren wie jeden Tag wieder hinaus. Alsbald wurden sie kleiner und kleiner. Akiko beschloss ihren Weg nach Edo fortzusetzen! “Zuerst werde ich sehen was hinter dem kleinen Kiefernwäldchen liegt” sagte sie sich und stapfte los. Nach den beiden recht stürmischen Tagen wärmte nun wieder recht warmer Sonnenschein ihr Gesicht. Aber bald würde der Herbst ins Land ziehen und bis dahin wollte sie Edo erreicht haben. Noch immer hatte sie keinen Gedanken daran verschwendet in welche Richtung sie gehen sollte und wie weit es überhaupt bis Edo war. Sie lief einfach los, immer der Nase nach. Das kleine Kiefernwäldchen ließ sich recht angenehm durchwandern. Sonnenlicht blitzte durch die Zweige und der leichte Sandboden war warm und weich. Kleine Vögel zwitscherten fröhlich und Akiko war sehr zuversichtlich. Dieser Weg musste genau der Richtige sein. Nach einiger Zeit mischten sich immer mehr Birken und andere Laubbäume unter die Kiefern und der Wald lichtete sich endlich. Vor Akikos Blick erstreckte sich nun eine weite Ebene und in der Ferne konnte man eine Prozession erspähen. Eine gewaltige Staubwolke hinter sich lassend bewegte sich der Zug von Menschen wohl eine Straße entlang. Ob es Mönche, Soldaten oder nur Händler waren konnte man aus dieser Entfernung noch nicht erkennen. Akiko beschloss diesem Tross vorsichtig zu folgen, vielleicht waren Sie ja auf dem Weg nach Edo und da wollte sie auch hin. So schnell sie ihre kleinen Füße trugen versuchte sie die weite Ebene zu durchqueren. Als sie endlich die staubige Straße erreichte war der Zug bereits wieder außer Sichtweite. Völlig erschöpft ließ sich Akiko auf einen großen Stein am Wegrand nieder und versuchte erst einmal wieder zu Atem zu kommen. “Wenn ich nur etwas Kraft gesammelt habe kann ich ihnen ja folgen!” Jetzt kam ihr der Rest der Wasserflasche aus dem Fischerboot wieder in den Sinn. Sie hatte den kleinen Krug vorsichtshalber vor ihrem überstürzten Aufbruch am Strand in einem ihrer Kimonoärmel verstaut. Das der Fischer dem das Boot gehörte heute wohl großen Durst leiden musste tat ihr zwar leid, aber andererseits war er zu ihr ja auch nicht gerade freundlich gewesen - er hatte sie keines Blickes gewürdigt – und das war sehr ungehörig! Schließlich war sie die Tochter des großen Daimyo Akira Takahashi! “Papa!” Akiko fielen augenblicklich die schrecklichen Umstände wieder ein, unter denen ihr Vater ums Leben gekommen war. “Mama! Takeo!” Die Erinnerungen überfielen Sie so jäh, dass sie heftig in Tränen ausbrach. Sie hinterließen helle Rinnsale auf ihren von den vielen Entbehrungen und Strapazen schmutzigen Wangen. Akikos Schultern zuckten heftig bei jedem Schluchzer. “Plumps!” Was war denn das? Ungläubig starrte sie auf einen dicken Apfel mit roten Backen der geradewegs in ihre Hände gefallen war. „Zauberei!” dachte sie zuerst. “Unsinn! - Der kam doch von oben!” Angestrengt starrte Akiko in die Höhe. Da waren zwar Bäume, aber die trugen doch gar keine Äpfel. “Wo kommt der denn her?” Ein schallendes Gelächter durchbrach ihre Gedanken. Akiko schreckte zusammen und blickte die Straße hinunter Nichts! Wieder Gelächter! Also dann die andere Seite! Schnell fuhr sie herum. Ein altes Mütterchen stand mitten auf der Straße und schüttete sich aus vor Lachen. “Nein ist das komisch! – Sucht der kleine Fratz doch Äpfel in einem Maulbeerbaum!” Ihr zahlloser Mund lachte schallend aber durchaus freundlich. Die Alte war bestimmt schon weit über siebzig, denn ihr Haarknoten war schlohweiß. Das wettergegerbte Gesicht wies zwar unzählige Runzeln auf jedoch ihre kleinen Äuglein blitzten schelmisch. ”Lass es dir gut schmecken meine Kleine! - Die Äpfel sind süß und helfen gegen Kummer aller Art!” Mit diesen Worten drehte sie sich um und setzte ihren Weg fort. Akiko sah nun, dass ihr Rückenkorb randvoll mit Äpfeln gefüllt war. Mit der einen Hand stützte sie sich auf einen hölzernen Gehstock und in der anderen trug sie einen weiteren Korb mit Äpfeln. Als sie sich wieder in Bewegung setzen wollte kullerten einige aus dem Handkorb auf die staubige Straße. Akiko verstaute ihren Apfel schnell in einer ihrer Ärmeltaschen und lief der Alten hinterher. Flugs begann sie die die Äpfel einzusammeln und in den Korb zurückzulegen. “Du willst mir wohl helfen? – Das finde ich sehr lieb von dir!” Die Alte war hocherfreut denn tatsächlich fiel ihr das Bücken seit einiger Zeit sehr schwer. “Vielen Dank meine Kleine – sag wie heißt du eigentlich?” Akiko öffnete ihren Mund um sich vorzustellen aber so sehr sie sich auch bemühte es kam kein einziger Ton heraus. Nicht einmal ein winziges Krächzen! “Oh, kannst du nicht sprechen?” Akiko schüttelte ihren Kopf. Was war nur mit ihr los sie wollte sich so gern vorstellen und die Alte fragen ob sie den Weg nach Edo kennt, aber es ging einfach nicht. “Das macht nichts Kleine, dann stell ich mich erst einmal vor. – Ich bin Chinzuko Owada. – Meine Familie besitzt ein Teehaus in Heiankyo.“ Akiko machte eine artige Verbeugung. “Du bist aber sehr gut erzogen, meine Enkelin Megumi vergisst das sehr oft. - Sie müsste ungefähr in deinem Alter sein. – Sag wohnen deine Eltern in der Nähe? - Du bist mir hier noch nie begegnet.” Akiko schüttelte heftig den Kopf und Tränen füllten wieder ihre Augen. “Nana, wer wird denn gleich weinen! – Du hast wohl keine Eltern mehr?” Wieder schüttelte Akiko den Kopf. “Es kümmert sich nun keiner um dich?!” stellte die freundliche Alte mit einem Blick auf Akikos schmutzigen Kimono fest. “Warum begleitest du mich nicht nach Hause, du kannst mir helfen den Korb mit den Äpfeln zu tragen.” Akiko wollte zwar so schnell wie möglich nach Edo gelangen, aber diese so freundliche Frau brauchte dringend ihre Hilfe. “Ich werde ihr den Korb bis nach Hause tragen und mich dann anschließend gleich wieder auf den Weg machen. – Ein kleiner Umweg schadet gewiss nicht und vielleicht kann mir ja einer in ihrem Dorf den Weg nach Edo zeigen?!” Akiko nickte der alten Frau zu und nahm den Handkorb mit den Äpfeln. So gingen die beiden die Straße entlang die zu Großmutter Owadas Familie führte. Das erst jetzt die Richtung stimmte in die Akiko nun ging war wohl ein Wink des Schicksals. Und Akiko war bereit ihm zu folgen.
Lügen -
“Sollen wir die Leichen einfach hier verrotten lassen?” “Seid ihr jetzt völlig verrückt geworden? - Damit uns Jeder gleich auf die Spur kommen kann?” Daisuke Ohuchi lief vor Wut hochrot an. “Ihr buddelt gefälligst die frischen Gräber da drüben wieder auf und schmeißt die Kerle einfach dort mit rein!” Saicho nickte unterwürfig und stieg umständlich von seinem Gaul ab. “Das ist eine sehr schlaue Idee!, Daisuke!” “Danach räumt ihr gefälligst dieses Chaos auf! – Ich will, dass nichts hier an ein Lager erinnert! – Habt ihr Dummköpfe das nun endlich verstanden?” “Du treibst ja einen ganz schönen Aufwand! – Denkst du, dass dies wirklich nötig ist?” Saicho versuchte vorsichtig einen leichten Protest anzumelden. Rüde raunzte der Angesprochene zurück. ”Saicho halt den Mund, sonst vergesse ich mich! – Du bist hier nur fürs Erschlagen zuständig, ich fürs denken!” Betreten hielt Saicho endlich den Mund. “ Trottel!” dachte sich Daisuke Ohuchi im Stillen. Wenn auch nur Einer dahinter käme, dass er für die Abschlachtung des Takahashi Clans verantwortlich war, könnte er seinen ganzen schönen Plan vergessen! Zum Glück war ihm noch eingefallen die zurückgelassenen Soldaten aus dem Lager zu beseitigen. Das war auch nicht gerade schwierig gewesen. Die paar Mannen wiegten sich geradezu in einer gedankenlosen Sicherheit. Hatten sie doch tatsächlich geglaubt, ein Ohuchi gibt sich auf halber Strecke zufrieden. Schade nur, dass dieser verdammte Tadeyohu Onuma ihm vorher entkommen war. Nun würde es Einiges an Aufwand bedeuten um ihn unauffällig zu beseitigen. „Dazu fällt mir sicherlich noch Etwas ein!“ Wenigstens wusste er nun was Onuma als Nächstes vorhatte. Wie meinte noch dieser junge Kerl aus der Wachtruppe bevor er seinen Kopf verlor? “Onuma reitet Fürst Takahashi entgegen um ihn auf halbem Wege zu treffen.” „Nun da wird er wohl noch weiter reiten müssen um dann festzustellen dass er doch nicht schnell genug gewesen ist” dachte Ohuchi hoch amüsiert. Um die anrückenden Samurai würde er sich keine Sorgen machen müssen. Bis die hier eintreffen würde es kein Lager mehr geben und keine Truppen. Sie werden sich in alle Winde zerstreuen. Ohuchi grinste breit. Wenn Onuma merkt, dass die Takahashi Burg zerstört ist und alle umgekommen sind, wird er sich auf dem kürzesten Weg nach Edo begeben um ihn beim Shogun anzuschwärzen. Dieses musste er um jeden Preis verhindern. Es galt nun Onuma abzufangen, zum Schweigen zu bringen und anschließend selbst dem Shogun Bericht zu erstatten – seinen Bericht versteht sich! “Saicho, schwing dich auf deinen Gaul! – Wir müssen Onuma erreichen und ihn sicher zum Shogun geleiten, damit er seinen Bericht über das traurige Ableben der Takahashi Familie abgeben kann!” Saicho grinste und setzte Ohuchi im Galopp hinterher. Das war ein Auftrag ganz nach seinem Geschmack! - “Sie haben es tatsächlich gewagt!” Fassungslos stand Tadeyohu Onuma vor den ausgebrannten Trümmern der vollkommen zerstörten Hashidate Burg. Hier nach Überlebenden zu suchen war mit Sicherheit sinnlos. Daisuke Ohuchi würde niemanden überleben lassen. Onuma ließ seinen Blick dennoch über das Gelände schweifen, dass einst vielen Menschen ein Zuhause bot. Aber er konnte, außer den rauchenden Trümmern, keine lebende Seele mehr entdecken. Weit und breit bewegte sich gar nichts. Onuma fröstelte. Er beschloss schnellstens diesen Ort wieder zu verlassen. Der Verlust seines Herrn lastete zu schwer auf seiner Seele. Zudem musste er auch damit rechnen an diesem Ort selbst in einen Hinterhalt zu geraten und dann würde niemand dem Shogun die wahren Hintergründe dieses feigen Überfalls erklären können. In dieser Angelegenheit war er nun ein wichtiger Zeuge gegen Ohuchi und somit in allerhöchster Gefahr. Das war ihm sofort klar. “Ich muss auf kürzestem Weg den Shogun erreichen!” Er schwang sich wieder auf sein Pferd und ritt den Hügel wieder hinauf. Dort warteten seine Getreuen. „Was konntet ihr in Erfahrung bringen? – Konnte sich der Fürst mit seiner Familie retten?“ Onuma schüttelte resigniert mit dem Kopf. „Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Ich hoffe die Familie ist auf dem Weg nach Edo, denn wenn sie es nicht ist besteht keine Hoffnung, dass irgend einer von ihnen dieses Massaker überlebt hat. – Ich habe da unten Berge von Leichen gesehen.“ Betroffen sahen sich die Männer an. „Und Fürst Takahashi!“ Onuma schüttelte resigniert den Kopf. „Wir hätten ihm begegnen müssen und das sind wir nicht!“ „Vielleicht haben sie einen anderen Weg genommen?“ „Das ist eher unwahrscheinlich, dies ist die einzige befestigte Straße weit und breit. – Ich befürchte das Schlimmste!“ „Was schlagt ihr vor Onuma?“ Wir müssen schnellstens Edo erreichen, der Shogun muss Kenntnis über diese Ereignisse erhalten!“ Entschlossen wendeten die Männer ihre Pferde und galoppierten zu Allem entschlossen und auf direktem Weg in Richtung Edo. Nicht ahnend das Ohuchi genau dies von Ihm erwartete. - “Er nimmt doch tatsächlich die große Straße nach Edo.” Daisuke Ohuchi konnte sein Glück kaum fassen. Hatte er doch tatsächlich Recht behalten. Die Staubwolke am Horizont jedenfalls konnte nur das Heraneilen von Reitern ankündigen. “Schnell Saicho, verstecken wir uns in den Kronen der Bäume da drüben und warten in aller Seelenruhe an bis sie vorbei reiten!” Die beiden Schurken hatten ihre Pferde bereits vor einer Meile in einer alten windschiefen Hütte untergebracht und waren dann zu Fuß zur großen Landstraße, die direkt nach Edo führte, gelaufen. So konnten sie sich hier unauffällig auf die Lauer legen. Ihre Rüstungen, Köcher und Pfeile waren ebenfalls in der Hütte zurückgeblieben – nur die Schusswaffen nahmen sie mit. Mit den Pistolen konnte man auch aus größerer Entfernung seine Beute niederstrecken. “Ich liebe Ehrenmänner! – Die sind doch jedes Mal so herrlich sorglos! Saicho warte bis sie nah genug heran sind!” Der kleine rundliche Bandit reckte seinen Hals um besser sehen zu können. “Ich glaube es sind drei!” Ohuchi nickte. “Ja, ich sehe es jetzt auch! – Ich schieße zuerst auf den kleinen da rechts, der etwas zurückgefallen ist. – Du nimmst den anderen! – Onuma ist für mich ich werde ihn selbst mit meinem zweiten Schuss von seinem Gaul holen!” “Geht klar Daisuke – ich warte auf dein Zeichen!” Onuma war mit seinen Getreuen bereits ein gutes Stück vorangekommen. Die Straße schien menschenleer und so hing er seinen Gedanken nach. Nun würde dieser Ohuchi mit seiner ganzen Familie endlich endgültig in Ungnade fallen. Wenn sich das als wahr herausstellen sollte, was er insgeheim befürchtete Wird der Shogun Sepukku von ihm erwarten. “Völlig zu Recht” dachte er verbittert. Zu viel Leid hatte diese Familie über ihre eigenen Untertanen und nun auch noch über andere gebracht. Seit Generationen nichts als Intrigen, Morde und Überfälle! Damit muss nun ein für alle Mal Schluss sein! Das Maß ist voll! Onuma zügelte sein Pferd. Zu seinen beiden Begleitern meinte er “Wir werden im nächsten Dorf eine Rast einlegen. - Maruyama, reite du voraus um uns anzukündigen. - Vielleicht bietet sich ja auch ein Lager für die Nacht!” “Ich werde mich beeilen!” Der blutjunge Maruyama tat wie ihm geheißen und preschte als Vorhut voraus. Er hatte sich vor gut einem Jahr freiwillig in die Dienste Fürst Takahashis getreten. Seine Eltern waren arme Bauern aber er wollte ein anderes Leben. Träumte von Ruhm, Ehre und einer großen Karriere als Soldat. Deshalb hatte er sich auch von Anfang an für Sondereinsätze gemeldet. Seine Kaft und die vorbildliche Disziplin waren Onuma schnell aufgefallen. So war er bereits nach kurzer Zeit in den Kreis der Getreuen um Tadeyohu Onuma aufgestiegen. Jetzt galt es einmal mehr das in ihn gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen und so trieb er sein Pferd noch mehr zur Eile an. “Lauf Brauner lauf, wir haben einen Auftrag!” Wie der Wind gewannen er und sein Pferd rasch an Boden. Mitten im Galopp spürte Maryama plötzlich einen harten Schlag gegen seinen Kopf. Das Pferd strauchelte und stürzte in eine große Staubwolke gehüllt die steinige Böschung hinunter in den Fluss. “Na, das war ja ein erstklassiger Treffer Ohuchi! Jetzt brauchen wir die Leiche noch nicht mal selbst wegzuräumen!” Daisuke Ohuchi grinste zufieden. “Ja diese Stelle ist ausgezeichnet gewählt! – Die kleine Biegung versperrt den anderen beiden die direkte Sicht und die Staubwolke stammt von den Hufen seines eigenen Gauls.” “Hast Recht, fällt gar nicht auf!” Das plötzlich aufkommende irre Gekicher Saichos alarmierte Daisuke. Seine Gedanken rasten. Hoffentlich fängt dieser Blödmann jetzt nicht auch noch an durchzudrehen, so kurz vor dem Ziel. “Bei der nächsten Gelegenheit bist du mit fällig” dachte er. “Da kommen sie, da kommen sie! – Da kommen sie! – Schau, schau, schau nur, sie haben noch gar nichts bemerkt, bemerkt, bemerkt!” Saichos Stimme klang nun spitz und schrill. Ohuchi warf einen besorgten Seitenblick auf seinen Mordkumpan. Jetzt hatte er doch gänzlich den Verstand verloren. “Halt die Klappe und reiß dich zusammen!” “Ja, ja, ja ,jaaa....!” Ohuchi war alarmiert, das irre Funkeln in den Augen seines Mordkumpans verriet nichts Gutes. “Beruhige dich und ziele gut. – Wir haben jeder nur einen Schuss!” Betont sanft redete er auf Saicho ein. Dieser reagierte dagegen richtig aufgekratzt. “Welchen soll ich nehmen, welchen soll ich nehmen, welchen soll ich nehmen?” “Den rechten Saicho, den mit dem Gepäck. - Aber sieh zu, dass du ihn in den Kopf triffst!” “Ja, ja, ja, ja , jaaa..!” japste dieser. “Hast du ihn?” “Ja, ja, ja, ja, jaaaa..!” “Achtung, auf drei feuerst du – eins...zwei...drei! “Peng !” Zwei gleichzeitig abgefeuerte Schüsse holten die Reiter augenblicklich von den Pferden. Tadeyohu Onuma war sofort tot! Daisuke Ohuchi hatte noch niemals sein Ziel verfehlt. Mit einem zufriedenen Grinsen machte er sich nun daran vom Baum herunter zu klettern. Saicho hingegen fing wieder mit dem Gekicher an. “Peng, peng, peng alle tot, alle tot, alle verbrannt, hihihi!” “Steig runter und hilf mir die beiden Leichen in den Fluss zu werfen. - Und hör vor Allem mit diesem blöden Gekicher auf!” Daisuke wurde es langsam unheimlich. Saicho war offenbar nun endgültig dem Wahnsinn verfallen. In diesem Zustand stellte er nun eine Gefahr für ihn und seine Pläne dar. Er würde jetzt sehr schnell handeln müssen! “Runter, runter, runt.......ahhhhhhhh!” Saicho erreichte noch vor Daisuke Ohuchi den Boden. In seinem Wahn hatte er sich pausenlos auf einem großen Ast hin und her wiegen lassen. Schließlich brach dieser mit einem lautem Krachen ab und Saicho stürzte donnernd zu Boden. “Aua, hab mir weh` getan!” Daisuke verdrehte die Augen. “Jammer nicht rum, hilf lieber endlich!” Ächzend kroch Saicho auf die beiden am Boden liegenden Körper zu. Daisuke Ohuchi beugte sich gerade über einen von ihnen. “Saicho, du Trottel hast ihn nur in die Brust getroffen, dieser hier ist noch nicht tot!” “Doch, doch, doch, doch!” Saichos Augen blitzten wieder gefährlich auf. “Ja, ja schon gut” suchte Daisuke ihn wieder zu besänftigen. “Schleif schon mal den anderen zur Böschung hinüber – ich bring den anderen auch gleich mit!” Saicho packte den toten Onuma bei den Beinen und schleifte ihn über die Straße bis an die steil abfallende Böschung. Ein großes schwarzes Loch, aus dem etwas Blut gesickert war klaffte nun in Onumas Stirn. Zu seinem Leidwesen hatte auch er Ohuchi weit unterschätzt! Wie auch schon Fürst Takahashi war er auf Angriffe aus dem Hinterhalt nicht vorbereitet gewesen. Ein fataler Fehler wie sich nun herausstellte. Daisuke Ohuchi hatte seine Pistole bereits wieder nachgeladen. Kaltblütig mit einem direkten Kopfschuss vollendete er nun kurzerhand das was er von Anfang an geplant hatte. Um die Pferde der beiden brauchte er sich ja zum Glück nicht mehr kümmern – die waren bereits bei den Schüssen durchgegangen und wohl jetzt schon über alle Berge. Kurzerhand lud er den letzten toten Körper über seine Schultern und schleppte ihn zur Böschung. “Die beiden werden jetzt ein schönes kühles Bad nehmen....hihihi ! Der Wahnsinn trieb in der Zwischenzeit merkwürdige Blüten in Saichos Gehirn.“ Wollen wir sie vorher noch entkleiden hihihihi?” “Nein Saicho, wir werfen sie einfach nur in den Fluss” meinte Daisuke genervt. “In Ordnung, großartiger Meister!...hihihi!” Mit einiger Anstrengung stießen die beiden Schurken den Körper Onumas und den seines Getreuen den Abhang hinunter. Bald darauf erfasste die Strömung beide Leichen und trieb sie schnell außer Sichtweite. “Macht es gut ihr beiden! – Hihihihi! – Gute Reise! – Hihihihi! – Und richtet dem Shogun meine Grüße aus! – Vielleicht komme ich ihn bald auch mal besuchen! - ...hihihi! ” Saicho winkte mit einer großen Geste den im Fluss treibenden Leichen hinterher. “Das kannst du direkt gleich mit besorgen!” Unbemerkt war Ohuchi indessen leise direkt hinter ihn getreten. Mit einer schnellen Armbewegung umklammerte er plötzlich Saichos Hals. “Ehhhh... keine Luft...!” röchelte dieser und begann wild mit den Armen zu rudern. Der Fürst presste ein kaum hörbares “tut mir ehrlich leid, aber du quatschst mir zu viel in letzter Zeit!” zwischen den Zähnen hervor. Gleich darauf war ein kurzes unangenehmes Knacken zu hören, bevor Saicho kopfüber in den Fluss stürzte. Daisuke Ohuchi hatte seinem ehemaligen Weggefährten einfach das Genick gebrochen. „Gute Reise, alter Kumpel!” Ungerührt sah er der, nun auch im Fluss treibenden, Leiche seines ehemaligen Kumpans nach. Schließlich wendete er sich um und schickte sich an, schleunigst diesen Ort zu verlassen. Der Weg zurück zu der kleinen Hütte, in der Sie ihre Pferde zurückgelassen hatten, war nicht sehr weit. Daisuke sah sich immer wieder prüfend um. Tatsächlich hatte anscheinend niemand seine Tat bemerkt. Staubig und verlassen lag die große Landstraße vor ihm und bis jetzt war er keiner Menschenseele weiter begegnet. Es wurde bereits dunkel als er die Hütte erreichte. Alles war noch so wie sie es heute Mittag verlassen hatten. “Gut so” dachte er. Im nächsten Monat würde er mit seiner Familie nach Edo reisen und Alles würde anders sein. Er hatte jetzt einen Sohn! Und er hatte versucht Fürst Takahashi zu Hilfe zu eilen – wenn auch leider zu spät um diesen feigen Überfall abzuwenden! Fatal, aber nicht mehr zu ändern! Er würde untröstlich und voller Anteilnahme sein! Mit einem zufriedenen Grinsen schwang er sich auf sein Pferd und galoppierte mit wehender Mähne davon. An Saichos Pferd verschwendete er keinen Gedanken er ließ es einfach allein zurück.


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